Heiderose Wanzelius berichtet von der Mathe-Olympiade: Das große Finale der Landesrunde Mathematikolympiade wurde am letzten Samstag, den 20. Mai im Audimax der TU in Braunschweig unter der Leitung von Prof. Dr. Harald Löwe und mir ausgetragen. Geschlagene zwei Stunden brüteten 250 Mädchen und Jungen aus 33 Grundschulen über ihren Aufgaben und stellten sich den mathematischen Herausforderungen.
Während dieser Zeit hatten ihre Freunde noch gemütlich am Frühstückstisch ihre knusprigen Brötchen verzehrt oder einfach im Bett herumgelümmelt. Einige Eltern waren hin- und hergerissen und schauten ein wenig skeptisch, als sie nach einer kurzen Begrüßung ihre Sprösslinge in dem riesigen Hörsaal allein ihrem Schicksal überlassen mussten. Kaum einer ahnte zu jenem Zeitpunkt, ob der eine oder die andere am Ende des Tages glücklicher Gewinner einer Medaille sein würde oder mit einer Bonbonkette getröstet werden müsste.
Sei’s drum, für die HelferInnen aus dem Gymnasium Ricarda-Huch-Schule stand zu diesem Zeitpunkt noch viel Arbeit an. Hinter den Kulissen wurde schon mal der blaue Pokal ausgepackt, die Medaillen gezählt und die Preise geordnet. Aber die größte Herausforderung des Tages stellte sich, als die kleinen Mathematiker etwas erschöpft gegen Mittag aus dem Audimax strömten und zur Mensa der TU begleitet werden mussten. Es ist schon aufregend, darauf achtzugeben, dass niemand verloren geht. Doch auch der Besuch des Naturhistorischen Museums hat’s immer wieder in sich. In Nullkommanichts tobten einige der Grundschüler auf allen Etagen herum. Da war dann doch ein Aufatmen bei den HelferInnen zu spüren, als die Gruppen zu den Spielen unter freiem Himmel wechselten und sich bei strahlendem Sonnenschein am Stand des Jugendzentrums Gliesmarode mit der Rollenrutsche vergnügten. Manche suchten im Anschluss Johannes Zylla auf, der sie zu einer Partie Schach herausforderte. Fast schon vertraut war Silke Hahn von der Buchhandlung Graff, die traditionell einen Bücher- und Spielestand betreut und jede Menge BesucherInnen mit ihrer Leidenschaft ansteckt.
Währenddessen korrigierten die mitgereisten Grundschullehrer, angeleitet von einem Team der Mathematik-Olympiade NI e.V. aus Göttingen, die vielen Klausuren, gaben die Ergebnisse in die Datenbank ein, ermittelten die Gewinner und druckten in fieberhafter Eile die Urkunden aus. Wieder einmal geschafft – nach 10 Jahren ist dieser Akt für manche schon zur Routine geworden.
Pünktlich wurde die Siegerehrung gegen 16 Uhr mit einem musikalischen Beitrag mit Blasmusik der Klasse 5b des Gymnasiums Ricarda-Huch-Schule unter der Leitung von Heike Berger eröffnet. Anstelle von Prof. Dr. Harald Löwe, der kurzfristig mit einem grippalen Infekt ausfiel, beglückte ein Vater die Hunderte von Besuchern mit einer spontanen Jongliereinlage. Plötzlich flogen Medizinbälle, Äpfel und Klobürsten durch die Luft. Richtig feierlich wurde es, als Bürgermeisterin Anke Kaphammel die besten Wünsche der Stadt überbrachte, sich mit ihrer wunderbaren Rede bei allen Akteuren im Hintergrund, aber ganz besonders bei den teilnehmenden Kindern für ihren Einsatz bedankte und dann die Siegerehrung mit einem Schlag auf den chinesischen Gong eröffnete.
Strahlende Gewinner einer Goldmedaille waren im 3. Jahrgang: Alex Stein (Freie Schule), Janne Hein + Robin Fengler (GS Volkmarode), Ben Fischer (GS Bürgerstraße) und Steve Schmidt (GS Gartenstadt) und im 4. Jahrgang Hannes Sobottka (GS Timmerlah), Jakob Godau (GS Heinrichstraße), Benke Bremers (GS Rautheim), Finn Achmus (GS Lamme), Marie Gleißner (GS Edith-Stein), Figo Taubensee (GS Volkmarode) und Paul Bruhn (GS Wenden). Jubeln konnten in der Gesamtwertung die Mädchen und Jungen der Grundschule Volkmarode, die den begehrten Schulpokal mit nach Hause nehmen durften.
25.000 Kinder nahmen in diesem Jahr an der Matheolympiade für Grundschulen teil, zu dem die Braunschweiger Runde als Modellprojekt Pate stand. Ein toller Erfolg, da kann das Olympische Feuer schon mal weitergegeben werden an ein Team aus GymnasiallehrerInnen, das anstelle von Heiderose Wanzelius 2018 die Landesrunde in Braunschweig übernehmen wird.
Vielleicht ist es für einzelne Jungen und Mädchen der Beginn einer großen mathematisch-naturwissenschaftlichen Zukunft.
Für mich wird diese Veranstaltung die letzte sein, in der ich als Motor bis zum Schluss zittere und hoffe, dass alles glatt läuft. Es ist Zeit, das Olympische Feuer an ein junges Team weiterzureichen und einfach mal entspannt zuzusehen, wie funkelnde Ideen und viel Esprit die Kinder für ein Fach begeistern, welches von vielen Menschen als ein Buch mit sieben Siegeln eingestuft wird und in unserer Schullandschaft eher ein Schattendasein fristet. Welche negativen Konsequenzen daraus erwachsen, konnte ich vor einigen Tagen live beim Bäcker erfahren. Ich bat die junge Verkäuferin, mir doch für 2 € Brotkonfekt, das Stück für 25 Cent, einzupacken. Ich wunderte mich schwer, als sie 5 Stück auf die Waage legte und dann ganz skeptisch bemerkte, dass diese noch durch weitere ergänzt werden könnten und der Betrag noch nicht ausgeschöpft sei. Nach 3 Anläufen ist ihr dies dann endlich gelungen.
Die Mathematik ist das Gerüst, ein Ordnungssystem, das für viele Lebensbereiche eine Basis bildet, auf der alles aufbaut. In den zurückliegenden Jahren habe ich schon kuriose Erfahrungen gemacht. Die Lieblingslektüre eines meiner Schüler war bereits im zarten Alter von 10 Jahren die "Financial Times“. Sein Vater berichtete, dass er aufgrund seiner mathematischen Fähigkeiten zu jener Zeit die Aktien der Familie auf wundersame Weise durch geschicktes Anlegen vermehren konnte.
Es gilt, Mädchen und Jungen darin zu bestärken, dass es sich lohnt, von Anfang an der Mathematik einen Teil seiner Lebenszeit zu reservieren anstatt diese zu "verdaddeln"; ihnen Spaß zu vermitteln und die Angst zu nehmen, das ist das Anliegen, was mich die ganzen Jahre beflügelt hat, diesen Mathewettbewerb weiter als ein Modellprojekt für Niedersachsen auszubauen und Eltern wie Lehrern einen Anreiz zu bieten, ihre Kinder zu motivieren. Damit sie sich neben dem Schulalltag den kniffligen Aufgaben der 1. und 2. Runde widmen, um sich für die letzte Runde zu qualifizieren. Hier schnuppern die Kinder dann ein wenig die Luft höherer Mathematik und können erahnen, wohin die Reise geht.
Heiderose Wanzelius
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